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20200522 LM Tempo20Viel Verkehr, hohe Häuserzeilen, Kavalierstarts, das Aufheulen lassen der Motoren und das ständige Hin- und Herfahren der gleichen Kraftfahrzeuge – all das führt zu in der Limburger Innenstadt zur Lärmbelästigung und wurde von den Anwohnerinnen und Anwohnern an die Stadtverwaltung seit Jahren als Beschwerde gemeldet. Vor allem in der Graupfortstraße, der Grabenstraße und in der Hospitalstraße tritt das Problem auf. Abhilfe soll nun Tempo 30 beziehungsweise Tempo 20 schaffen. Die Schilder dafür werden am Montag (25. Mai 2020) durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des städtischen Betriebshofs angebracht. Die Bodenhülsen wurden schon in dieser Woche gesetzt.
Tempo 30 gilt dann künftig in der gesamten Grabenstraße, der Konrad-Kurzbold-Straße ab dem Verkehrskreisel in Richtung alter Lahnbrücke und in der Weilburger Straße bis zum Kreuzungspunkt Schleusenweg. Foto:
Mitarbeiter des Bauhofs der Stadt Limburg treffen Vorbereitungen für die Tempo 20 Regelung in der Grabenstraße.

In der Grabenstraße zwischen der Graupfortstraße und der Hospitalstraße wird Tempo 20 eingerichtet. Dies ist möglich, da es sich hier um einen zentralen städtischen Bereich mit vielen Fußgängern und Geschäften handelt, sodass überwiegend die Aufenthaltsfunktion im Vordergrund steht. Neben Lärmminderung soll gerade Tempo 20 auch den Verkehrsfluss verbessern und Stickoxide beim Anfahren vermeiden. Ein weiterer Punkt ist, dass Tempo 20 auch die Sicherheit und Aufenthaltsqualität für Fußgänger in diesem Bereich erhöht.
„Wir hätten uns zum Wohle der Anwohner sicherlich auch andere Regelungen gewünscht. Aber die waren rechtlich nicht möglich. So hoffen, dass wir mit den nun umgesetzten Maßnahmen eine Verbesserung für die Anwohner schaffen können“ sagt der 1. Stadtrat Michael Stanke. Er weist darauf hin, dass die Grabenstraße aktuell die am drittstärksten von Lärm belastete Straße in Limburg ist und dies völlig unabhängig von den einzelnen Verkehrsrowdys. Schon alleine der normale Straßenverkehr ist mit Tempo 50 bisher sehr laut. Dies gehe aus dem dritten Entwurf des Lärmaktionsplanes des Regierungspräsidiums Gießen hervor. Hessen hat für die Lärmaktionsplanung Auslösewerte von 65 dB(A) am Tag und 55 dB(A) in der Nacht festgelegt. Um Rückschlüsse auf lärmbetroffene Menschen ziehen zu können wird europaweit die sogenannte Lärmkennziffer herangezogen. Je höhere diese Zahl ist, umso höher ist die Lärmbelastung. In der Limburger Grabenstraße wurde eine Lärmkennziffer von 425 bei Tag und 900 in der Nach ermittelt. Die Berechnung beruht auf Lärmkartierungen und bezieht die Anzahl der Einwohner und die Lärmbelastung in dem jeweiligen Bereich mit ein.
Die Polizei hat aufgrund der Anwohnerbeschwerden Verkehrskontrollen, Geschwindigkeitsmessungen und Lärmmessungen bei Kraftfahrzeugen durchgeführt. Das Ergebnis: Die gemessenen Lärmwerte entsprachen zu 80 Prozent den Werten, die im Fahrzeugschein eingetragen sind. „Verstöße konnten also in großen Teilen nicht festgestellt werden und die Kontrollen waren nicht so effektiv wie gewünscht. Dies liegt daran, dass im Autoland Deutschland getunte und laute Autos formal zugelassen sind und im Bereich Verkehr Lärmquellen akzeptiert werden, die in anderen Bereichen des Lebens unmöglich wären“, ordnet der 1. Stadtrat Stanke ein.
Die Stadt Limburg hat daraufhin im vergangenen Jahr beim Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen beantragt, einen zweijährigen Verkehrsversuch zu machen, bei dem ein nächtlichen Fahrverbots für Kraftfahrzeuge mit einem Standgeräusch von über 75 db(A) in der Innenstadt angeordnet wird. Das Verbot sollte über ein entsprechendes Zusatzzeichen kenntlich gemacht werden. So hätte man direkt und unmittelbar Lärm bekämpfen können.
Ziel sollte es sein, mit der Maßnahme eine Verbesserung der Lärmsituation. Eine fachliche Begleitung der des Verkehrsversuchs durch das Ministerium im ersten Jahr war ebenfalls vorgesehen und erwünscht.
Das Ministerium lehnte den Antrag ab und begründete dies damit, dass ein solches Fahrverbot für extrem laute Autos rechtlich nicht umsetzbar sei. Im Schreiben heißt es, dass eine emissionsseitige Differenzierung nach Fahrzeugen mit niedrigen und hohen Stand- oder Fahrgeräuschen im Rahmen der Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen nicht vorgesehen sei. Maßgebliche Größe sei dagegen der durchschnittliche Verkehr auf einer Straße.
Das beschriebene Lärmproblem haben auch andere Städte und daher wurden im Jahr 2017 das Hessische und das Bundesverkehrsministerium und heimische Landtags-, Bundestags- und Europaabgebordnete angeschrieben, um eine gesetzliche Regelung einzuführen, dass überflüssige Lärmquellen durch hohe Standgeräusche zukünftig nicht mehr zugelassen werden. Aus beiden Ministerien kam die Äußerung, dass aufgrund der europaweit harmonisierten Gesetze keine nationalen Regelungen möglich sind. Um die Wirk- und Bauvorschriften von Kraftfahrzeugen zu ändern, bedarf es somit Handeln auf europäischer Ebene.
Da ein nächtliches Fahrverbot für Kraftfahrzeuge mit einem Standgeräusch von über 75 db(A) in der Innenstadt nicht möglich ist und die Bauvorschriften für Kraftfahrzeuge nur auf europäischer Ebene geändert werden können, suchte die Stadtverwaltung Limburg nach einer anderen Lösung. Gespräche mit der Polizei und eine Verkehrsschau Mitte Dezember 2019 folgten.
Zur Lärmreduzierung werden daher nun Tempo 30 beziehungsweise Tempo 20 eingerichtet werden. Sollte dies nicht zu einer dauerhaften Verbesserung der Lärmbelästigung durch Kraftfahrzeuge führen, werden weitere Maßnahmen geprüft, kündigt Stanke an. Es sollen parallel die Verkehrskontrollen und die Überprüfung der Lärmgeräusche der Fahrzeuge durch die Polizei fortgeführt werden. (Quelle Stadt Limburg)


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