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20180518 Steuler ArbeitsagenturEin Betrieb findet seine speziellen Fachkräfte nicht mehr am Markt und beschließt, selbst auszubilden. Ein junger Mann, auf der Suche nach einer sicheren Perspektive, ergreift seine Chance. Die Agentur für Arbeit Montabaur begleitet das Projekt durch Beratung und finanzielle Unterstützung. Gemeinsam schreibt man eine Geschichte, deren Happyend in Sicht ist. In wenigen Wochen macht Kevin Albert (24) seinen Abschluss als Fliesen-, Platten- und Mosaikleger; eine Zusatzprüfung zum Säurebau-Fachmonteur soll möglichst bald folgen. Und die Steuler-Gruppe (Höhr-Grenzhausen) freut sich über einen „nach Maß“ qualifizierten Mitarbeiter.

Fachkräfte dringend gesucht: Mit diesem Problem steht die Steuler-Gruppe bei boomender Konjunktur und angesichts des demografischen Wandels nicht alleine da. Das 1908 gegründete Unternehmen beschäftigt heute 2500 Menschen an 25 internationalen Standorten und hat sich weltweit einen Namen gemacht mit innovativen Technologien in den Sparten Anlagenbau/Umwelttechnik, Fliesen, Schwimmbadbau – und nicht zuletzt industrielle Auskleidungen. So wurden jüngst beim Bau einer Düngemittelfabrik in Saudi-Arabien Stahlbehälter von innen mit einer Schutzschicht versehen, damit Phosphorsäure gelagert werden kann.

Für solche Aufgaben werden Säurebau-Fachmonteure gebraucht. In Deutschland gibt es mehr als 350 Ausbildungsberufe, dieser jedoch ist nicht dabei. „Bislang haben wir Bewerber aus baunahen Berufen eingestellt und ihnen eine Qualifikation on top gegeben“, erzählt Personalleiterin Tanja Demko. „Aber diese Quelle versiegt zusehends. Deshalb kamen wir auf die Idee, selbst zum Säurebau-Fachmonteur auszubilden.“

Die Agentur für Arbeit Montabaur kennt die Nöte der Unternehmen. „Eine zentrale Frage ist: Wo lässt sich Potenzial für Fachkräfte erschließen?“, sagt Agenturchef Elmar Wagner. „Für Betriebe lohnt sich der Blick in die eigenen Reihen. Vielerorts gibt es engagierte und loyale Mitarbeiter, die sich weiterentwickeln können und wollen. Davon profitieren Arbeitgeber wie Arbeitnehmer. Die Arbeitsagentur unterstützt diese Strategie: Die Qualifizierung Beschäftigter fördern wir über ein eigenes Programm.“

Steuler war in diesem Fall gut beraten. Andrea Grimm vom Arbeitgeberservice der Agentur lotete die Möglichkeiten aus, als ein passender Kandidat gefunden war: Kevin Albert hat trotz seines jugendlichen Alters bereits eine bunte Erwerbsbiografie. Nach dem Hauptschulabschluss als Neuntklässler begann der Kölner eine Ausbildung zum Systemgastronomen, die er nach einem Dreivierteljahr abbrach: „Ich wurde echt ausgebeutet.“ Er jobbte in einer Bäckerei, bei einem Paketdienst und ging dann zu einer Zeitarbeitsfirma, die ihn zu Steuler schickte. Das erwies sich als Glücksfall für beide Seiten. Nach sechs Monaten wurde Kevin Albert in Höhr-Grenzhausen übernommen. Wenig später erfüllte sich sein Wunsch, endlich eine Ausbildung zu machen. Währenddessen kommt die Agentur für Arbeit für zusätzliche Kurse bei der Handwerkskammer sowie das Wegegeld auf; der Arbeitgeber erhält 50 Prozent Zuschuss zum gezahlten Entgelt.

Die Ausbildung verläuft in verkürzter Form und daher in verschärftem Tempo: „Das erste und zweite Lehrjahr liefen parallel. Ich musste sehr diszipliniert rangehen und mich reinfuchsen“ erzählt der junge Mann. In die bevorstehende Prüfung geht er mit Zuversicht: „Bis jetzt läuft alles prima.“ Dieser Meinung ist auch Tanja Demko: „Unser Pilotprojekt bewährt sich auf Anhieb. Wenn ich Herrn Albert klonen könnte, würde ich das tun!“

Immer mehr Betriebe im Agenturbezirk Montabaur - er umfasst den Westerwald- und den Rhein-Lahn-Kreis - setzen auf die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter, um Fachkräfte zu gewinnen und nehmen das Förderprogramm in Anspruch. So auch der WS Reifenservice in Hachenburg, wo Maik Florian Gall sein Geld verdient. Er ist gelernter Fahrzeuglackierer, hat aber nicht in diesem Beruf, sondern als Dachdecker-Helfer gearbeitet. Nun macht er eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker – und die Erfahrung, dass es auch mit 35 Jahren nicht zu spät ist für einen Neuanfang. Schließlich geht bis zur Rente noch viel Zeit ins Land.