Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat in einem umfangreichen Ermittlungskomplex wegen organisierter Schwarzarbeit in der Logistikbranche Anklage zur Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Koblenz gegen sieben Angeschuldigte deutscher und türkischer Nationalität im Alter zwischen 24 und 53 Jahren erhoben. Alle Angeschuldigten befinden sich derzeit in Untersuchungshaft.
Die sehr aufwändig geführten Ermittlungen des federführenden Hauptzollamts Karlsruhe haben den Verdacht erhärtet, dass die Angeklagten in Worms in den Jahren 2020 bis 2024 eine kriminelle Vereinigung gebildet bzw. unterstützt hatten. Zweck dieser kriminellen Vereinigung soll nach dem Ermittlungsergebnis die planmäßige und organisierte Ausstellung von Scheinrechnungen zur Verdeckung von Schwarzarbeit gewesen sein. Zu diesem Zweck sollen die Angeschuldigten zahlreiche Scheinfirmen (sog. Servicefirmen) ins Leben gerufen haben, die tatsächlich am Markt gar nicht tätig waren. Auf diese Servicefirmen lautende Rechnungen sollen gegen Entgelt anderen tatsächlich am Markt tätigen Firmen zur Verfügung gestellt und von diesen Firmen auch per Überweisung zunächst bezahlt worden sein. Nach Einbehalt einer zuvor vereinbarten Provision sollen die Aussteller der Scheinrechnungen, also die nunmehr angeklagten Mitglieder der kriminellen Vereinigung, den Restbetrag in Bargeld wieder an die Empfänger der Rechnungen zurückgezahlt haben. Diese sollen dann das Bargeld als verschleierten Schwarzlohn an ihre nicht bei den gesetzlichen Krankenkassen angemeldeten Arbeitnehmer ausgezahlt haben. Durch die Scheinrechnungen und die dadurch dokumentierte angebliche Inanspruchnahme externer Leistungen sollen die Rechnungskäufer den angeblich niedrigen Bestand eigener Arbeitskräfte in ihrer Buchhaltung plausibilisiert und die Auszahlung von Schwarzlöhnen verschleiert haben.
Strafrechtlich ist der Verkauf von Scheinrechnungen zur Ermöglichung von Schwarzlohnzahlungen als Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt im besonders schweren Fall, strafbar nach § 266a Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 StGB, einzuordnen. Den fünf Angeschuldigten wird in der Anklageschrift zur Last gelegt, dadurch einen Sozialversicherungsschaden mehrerer Rechnungskäufer in Höhe von insgesamt 17 Millionen EUR ermöglicht zu haben.
Zwei Angeschuldigten wird darüber hinaus vorgeworfen selbst mehrere Logistikunternehmen geführt und mithilfe von Scheinrechnungen zur Abdeckung von Schwarzlohnzahlungen insgesamt weitere 8,5 Millionen EUR an Gesamtsozialversicherungsbeiträgen hinterzogen zu haben.
Insgesamt beläuft sich damit der Gesamtschaden auf die beachtliche Summe von mehr als 25 Millionen EUR.
Gegen einen weiteren, seit Juni 2025 in Untersuchungshaft befindlichen Angeschuldigten hat die Staatsanwaltschaft Koblenz das Verfahren abgetrennt und wegen gleichgelagerter Straftaten Anklage zum Amtsgericht Worms – Jugendschöffengericht – erhoben, weil er im Tatzeitraum noch nicht 21 Jahre alt gewesen war.
Zu den weiteren Tatvorwürfen darf die Staatsanwaltschaft sich auch auf weitere Nachfragen nicht äußern, denn solchen Auskünften steht insbesondere das Steuergeheimnis nach § 30 Abgabenordnung (AO) entgegen (§ 12a Absatz 2 Ziffer 2 Landesmediengesetz Rheinland-Pfalz vom 19. Dezember 2018) entgegen.
Das Landgericht Koblenz und das Jugendschöffengericht in Worms werden nunmehr über die Zulassung der beiden Anklagen zur Hauptverhandlung und über die Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden haben. (Staatsanwaltschaft Koblenz)