B Itunes B Mediaplayer B phonostar Logo radioDE

RADIO WESTERWALD LIVESTREAM : ON AIR
🎙️  ➤ Player in eigenem Fenster öffnen

Inklusion geht uns alle an - Messe „Handicap?...na und!“ zum zweiten Mal in der Arbeitsagentur Montabaur

Die gleichberechtigte Teilhabe jedes Einzelnen an allen gesellschaftlichen Prozessen – dieses Ideal beschreibt der Begriff Inklusion. Für Menschen mit Behinderungen ist diese Teilhabe noch keinesfalls selbstverständlich.

Die Arbeitsagentur Montabaur will dazu beitragen, dass sich das ändert und veranstaltete mit vielen Partnern zum zweiten Mal eine gut besuchte Inklusionsmesse. Unter dem Motto „Handicap? …na und!“ haben sie vor allem die berufliche Situation der Betroffenen im Blick und möchten auf die Leistungsfähigkeit behinderter Menschen aufmerksam machen. Aber auch Arbeitgebenden aufzeigen, wie es gelingen kann, integrative Arbeitsplätze zu schaffen und welche Unterstützungen es dafür gibt. Denn noch immer zahlen viel zu viele Unternehmen lieber die gesetzliche Ausgleichsabgabe, als behinderte Menschen einzustellen. Die Herausforderungen erscheinen den Betrieben zu komplex, der Beratungsbedarf ist groß.

Eröffnet hat die Messe Ellen Kubica, die Landesbeauftragte für die Belange der Menschen mit Behinderung in Rheinland-Pfalz: „Messen sind wichtig! Player zu dem Thema Inklusion gibt es viele – aber nicht an einer Stelle. Es ist notwendig Netzwerke zu bilden. Auch die Schnittstellen der Ministerien, Länder und Kommunen sollen noch stärker ausgebaut werden. Es braucht ein echtes Kennenlernen, um Vorurteile abzubauen und Wege zu eröffnen.“

Mitstreiter der Arbeitsagentur an diesem Tag waren Berufsförder- und Bildungswerke, Reha-Einrichtungen, Werkstätten für behinderte Menschen, Integrationsfachdienste und -betriebe, Bildungsträger sowie Inklusionsbetriebe aus der Region.

Darüber hinaus gab es packende Inpulsvorträge. Rebecca Lefèvre vom Verein gemeinsam zusammen e.V, selbst Autistin mit ADHS berichtet mit einer Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit über den Alltag und die Herausforderungen in einer Welt, die nicht für alle gleich funktioniert. Denn weit mehr Menschen als man denkt, leben mit Behinderungen und Beeinträchtigungen, die auf den ersten Blick nicht sichtbar sind.

„Unsere Gesellschaft weiß einfach noch zu wenig über nicht sichtbare Behinderungen. Ich weiß, keiner sieht mir meine Behinderung an. Es ist sehr anstrengend für mich so zu sein, wie es neurotypische Menschen erwarten. Deshalb bin ich hier – ich möchte aufklären und sichtbar machen. Es gibt viele von uns – und wir werden immer mehr. Wertet nicht – lernt Neurodiversität!“, so die Botschaft von Lefèvre.

Neurodiversität beschreibt die natürliche Bandbreite neurologischer Unterschiede beim Fühlen, Denken, Lernen und Wahrnehmen. Sie ist ein inklusives Konzept, das anerkennt, dass es nicht nur eine „normale“ Art gibt, wie das menschliche Gehirn funktioniert.

Nach dem Vortag sagt ein Besucher: „Ich persönlich fand den Vortrag zum Thema „nicht sichtbare Behinderungen“ sehr beeindruckend. Ich habe viel mitgenommen und glaube, es ist wirklich wichtig über solche Behinderungen aufzuklären und zu sensibilisieren. Erzieher und Lehrer, aber auch Personalverantwortliche in den Unternehmen sollten das auch wissen und sich solch einen Vortrag anhören. Ich bin überzeugt, dass viele unschöne Situationen jeweils nur aus Unkenntnis und fehlender klarer Kommunikation geschehen. Das wäre absolut vermeidbar“.

Die Messe wird auch genutzt, um unter den Trägern Netzwerke zu bilden und zu pflegen. Aussteller berichten von guten Gesprächen und intensivem Austausch. So erklärt Blerjana Terreping, Vertreterin der Inklusionsberatung Diakonie Westerwald, wie sehr Familien mit betroffenen Kindern auf Beratung und Informationen angewiesen sind. Es sind die Fragen, die sich z.B. während des Übergangs von Schule zu Beruf ergeben. Wie geht es für mein Kind weiter? Ist eine Behindertenwerkstatt die Lösung oder ist gar eine Ausbildung am ersten Arbeitsmarkt denkbar?
In einem weiteren Impulsvortrag räumt Christian Einig, von der einheitlichen Ansprechstelle für Arbeitgeber (EAA) mit Vorurteilen auf. „Menschen mit Behinderung sind unkündbar. Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung sind teuer. Der Grad der Behinderung entspricht der Leistungsminderung - das alles sind Vorbehalte, die so nicht stimmen. Nicht jede Behinderung erfordert überhaupt eine besondere Ausstattung des Arbeitsplatzes. Und wenn doch, dann helfen meist bereits einfache und wenig kostspielige Lösungen. Und wenn es doch mal etwas schwieriger wird: Die BA und die Integrationsämter bieten Beratung zur behinderungsgerechten Arbeitsplatzgestaltung und unterstützen bei der Umsetzung auch finanziell.“

Die EAA bietet Information, Beratung und Unterstützung von Unternehmen bei allen Fragen rund um Einstellung, Ausbildung und Beschäftigung von schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellten Menschen.

Kristin Neutzner, Teamleiterin für berufliche Rehabilitation und Teilhabe bei der Arbeitsagentur und Initiatorin der Messe zieht das Resümee: „Unsere Messe „Handicap?...na und!“ war für mich auch dieses Jahr wieder ein Erfolg. Es ist beeindruckend zu sehen, wie viele Menschen so engagiert gemeinsam an einem Strang ziehen und die, unter dem Aspekt Vielfalt und Inklusion, Lebensräume mitgestalten und dabei die Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft stärken. Denn Inklusion ist kein Selbstläufer, wir arbeiten weiter jeden Tag daran.“

  (BA Montabaur)