Radio Westerwald : ON AIR >> Flashplayer in eigenem Fenster öffnen <<

 B Itunes B Mediaplayer B phonostar Logo radioDE

Beim Spitzentreffen Sicherheit zogen Innenminister Roger Lewentz, Justizminister Herbert Mertin und Integrationsministerin Anne Spiegel heute zusammen mit den Expertinnen und Experten der Landesregierung eine positive Bilanz in Sachen Sicherheit für Rheinland-Pfalz. Nach den schweren Terroranschlägen des vergangenen Jahres hatte die Landesregierung Sofortmaßnahmen für mehr Sicherheit beschlossen. Wichtige Maßnahmen waren: Personalverstärkung bei der Polizei und den Gerichten, Optimierung der Ausrüstung, technische Verstärkung für die Gefahrenprävention, Ausbau von Präventionsprojekten. Ein weiterer zentraler Punkt war der Ausbau des Informationsaustausches, zum Beispiel durch ständige Fallkonferenzen, in denen Innen-, Justiz- und Integrationsministerium, Ausländerbehörden, Zentralstelle für Rückführungsfragen und die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) zusammenarbeiten. Auch die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden der Länder und des Bundes sowie über Staatsgrenzen hinweg sollte intensiviert werden. Bei den Gesprächen heute ging es um alle Sicherheitsbereiche. Prominenter Gast des Spitzentreffens war BKA-Präsident Holger Münch. Er informierte die Landesregierung über die aktuellen Herausforderungen für die Sicherheitslage in der Bundesrepublik und über die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden im gesamten Bundesgebiet.

„Nach dem schrecklichen Terroranschlag im vergangenen Jahr haben wir als rheinland-pfälzische Landesregierung wichtige Lehren gezogen. Wir haben unser komplettes Sicherheitskonzept weiter entwickelt. Dabei haben wir im ersten Spitzentreffen im Januar einen umfangreichen Maßnahmenkatalog beschlossen, der den gestiegenen Ansprüchen an die Sicherheit der Menschen in unserem Land Rechnung trägt und sich auf die enormen Herausforderungen unserer Zeit durch einen internationalen Terrorismus konsequent einstellt. Beispielhaft war das auch bei den Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit zu beobachten. Wir haben durch zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen dafür gesorgt, dass alle Besucherinnen und Besucher unbeschwert feiern konnten“, unterstrich Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Denn es sei ein unumstößliches Prinzip in demokratischen Gesellschaften, dass die Menschen in Freiheit und ohne Angst leben können: „Trotz angespannter Sicherheitslage wollen wir alle frei leben, frei von Angst und deshalb müssen wir diese Freiheit schützen und uns den Herausforderungen stellen“, so die Ministerpräsidentin.
"Die Sicherheitslage ist nach wie vor angespannt. Und die größte Bedrohung geht nach wie vor von islamistischem Terrorismus aus. Wir haben es dabei vermehrt mit Einzeltätern zu tun, die keiner festen Organisationsstruktur zuzuordnen sind. Deshalb setzt die Landesregierung einen Schwerpunkt auf die Prävention und Deradikalisierung. Weiterhin haben wir die Sicherheitsbehörden im Bereich der Aufklärung verstärkt, um frühzeitig relevante Informationen erlangen und bewerten zu können. Die dritte Stoßrichtung geht in die Stärkung der Schutzmaßnahmen. So wurde die Sicherheitskonzeption für Großveranstaltungen mehrfach anhand neuer Erkenntnisse angepasst. Aus den Erfahrungen bei Rock am Ring haben wir gelernt und die Anforderungen an Akkreditierungsverfahren verfeinert. Und mit einem neuen Einsatztraining bereiten wir die Beamtinnen und Beamten im Streifendienst gezielt auf lebensbedrohliche Einsätze vor, da diese regelmäßig als erste vor Ort sind", verdeutlicht Roger Lewentz den strategischen Ansatz der Sicherheitspolitik der Landesregierung.
So wurde als Auftrag aus dem ersten Spitzentreffen eine interministerielle Fachgruppe Sicherheit unter Federführung des Innenministeriums eingerichtet. Dabei stehen strategische Überlegungen im Bereich der Inneren Sicherheit und maßgeblich der Umgang mit Gefährdern im Focus. So werden zwischen dem Innen-, dem Justiz- und dem Integrationsministerium frühzeitig ressortübergreifend sicherheitsrelevante Fragestellungen besprochen, um dann zu einer zügigen Umsetzung zu gelangen. Auf diesem Wege wurde die Einführung von Dokumentenlesesystemen vorbereitet. Bei der Polizei ist die Pilotphase abgeschlossen und weitere Geräte werden noch in diesem Jahr beschafft. Die Zielstellung ist, diese Geräte flächendeckend im Land vorzuhalten. Sie können gefälschte Pass- und Visadokumente erkennen und werden es den Behörden künftig erleichtern, Personendaten abzufragen und Mehrfachidentitäten aufzudecken.
Versprochen und umgesetzt ist die personelle Aufstockung, die technische Nachrüstung aber auch die Zentralisierung der polizeilichen Bearbeitung so genannter Gefährder beim Landeskriminalamt, erläuterte Innenminister Roger Lewentz. So könne man beispielsweise eine bessere Koordinierung bei der Überwachung gewährleisten und vor allem den Informationsaustausch mit den Polizeibehörden des Bundes und anderer Länder beschleunigen. Zur Überwachung der Gefährder würden alle rechtlich zulässigen Möglichkeiten im Einzelfall ausgeschöpft. Insgesamt verfolgten die Sicherheitsbehörden des Landes bei der Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität einen ganzheitlichen Ansatz. Dazu stünden diese insbesondere mit den zuständigen Verwaltungsbehörden fortlaufend in Kontakt, um alle rechtlichen Möglichkeiten im Sinne der Sicherheit auszuschöpfen. Dazu gehöre beispielsweise das Verhindern der Ausreise von Radikalisierten in die Kampfgebiete des sogenannten Islamischen Staats nach dem Pass- oder Personalausweisgesetz oder auch die Ausweisung ausländischer Gefährder. Durch eine institutionalisierte und sehr intensive Zusammenarbeit aller beteiligten Ministerien, der nachgeordneten Behörden, der Kommunen und der Bundesbehörden sei sichergestellt, dass die bestehenden ausländerrechtlichen Handlungsmöglichkeiten umfänglich ausgeschöpft werden.
Anlässlich seines Vortrages stellte Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes fest: „Globalisierung, technische Entwicklung und digitale Vernetzung verändern unsere Gesellschaft und sie verändern die Kriminalität: Kriminalität wird internationaler, digitaler, mobiler und vernetzter. Angesichts dieser Dynamik muss auch die Polizei reaktionsfähiger werden: Wir brauchen einheitliche Standards, eine gemeinsame IT und gemeinsame technische Lösungen für die digitale Welt. Nur so können wir uns die nötige Anpassungsfähigkeit erhalten, um auf sich wandelnde Herausforderungen reagieren zu können. Das BKA ist sich seiner besonderen Verantwortung als Zentralstelle der deutschen Polizei bewusst und wird diesen Veränderungsprozess daher aktiv vorantreiben. Wir begrüßen es, dass Rheinland-Pfalz in seinem Polizei- und Ordnungsbehördengesetz wesentliche Änderungen vorgenommen hat, um den Herausforderungen moderner Kriminalität adäquat zu begegnen.“
Justizminister Mertin betonte, dass seit dem vergangenen Spitzentreffen Sicherheit wichtige Schritte zur Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit in Bezug auf ein Europäisches Strafregisterinformationssystem für Drittstaatsangehörige gegangen worden seien.
„Auf die Initiative von Rheinland-Pfalz haben die Justizministerinnen und Justizminister auf ihrer Frühjahrskonferenz am 21. und 22. Juni 2017 in Deidesheim einstimmig zur Kenntnis genommen, dass gerade der Abgleich von Fingerabdruckdaten ein wichtiges Instrument bei der Identitätsfeststellung von Drittstaatsangehörigen sein kann. Auch bei fehlenden oder unvollständigen Ausweispapieren, bei der Verwendung von Aliasdaten bzw. bei falscher oder unvollständiger Erfassung von Personaldaten kann so eine Übereinstimmung in der Identität festgestellt werden. Die Justizministerinnen und Justizminister halten daher ebenfalls einstimmig die Speicherung und den Austausch von Strafregistereinträgen und Fingerabdruckdaten zur eindeutigen Identifizierung von Drittstaatsangehörigen für angezeigt und unterstützen die entsprechenden Gesetzgebungsvorhaben auf europäischer Ebene“, so Justizminister Herbert Mertin.
Ein weiterer wichtiger Schritt für mehr Sicherheit sei auch, einen besseren Übergang von der Haft in die Freiheit zu schaffen. Denn die Rückfallgefahr für Straftäter ist in den ersten sechs Monaten nach ihrer Entlassung aus der Haft am größten. Daher müssen genau in dieser Phase besonders gute Betreuungsangebote bestehen und erforderliche Maßnahmen wirksam aufeinander abgestimmt sein. In der Praxis haben sich hier in der Vergangenheit Verbesserungspotentiale gezeigt. Auf Vorschlag des Ministeriums der Justiz soll eine Steuerungsgruppe eingerichtet werden, an der Vertreter aus dem Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demographie (MSAGD), dem Ministerium des Inneren (MdI) sowie dem Ministerium der Justiz (JM) beteiligt sind. Diese soll in Zusammenarbeit mit weiteren öffentlichen Akteuren (Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, Kommunale Spitzenverbände, Krankenkassen) detaillierte Standards erarbeiten, um einen bestmöglichen Übergang von der Haft in die Freiheit zu gewährleisten. Justizminister Herbert Mertin betonte die Bedeutung eines gelungenen Übergangsmanagements bei der Entlassung von Gefangenen:
„Ein gut organisierter Übergang von der Haft in die Zeit nach der Entlassung in die Freiheit ist Grundvoraussetzung für die Verhinderung von Rückfälligkeit und damit zur Verbesserung der Sicherheit unserer Gesellschaft. Unter dem Eindruck der Veränderung der allgemeinen Gefährdungslage nehmen wir dieses heutige Treffen zum Anlass, den gesamten Themenbereich der Wiedereingliederung von aus der Haft entlassenen Menschen einer erneuten Überprüfung zu unterziehen. Dabei werden wir auch ein Augenmerk auf das Thema Radikalisierung in der Haft legen und insoweit auch die damit einhergehenden Gefahren für die Allgemeinheit berücksichtigen.“
Anlässlich des aktuellen Falles eines aus dem Landeskrankenhaus entflohenen Abschiebehäftlings informierte Integrationsministerin Anne Spiegel, dass das Integrationsministerium den Kommunen anbiete, die Überwachung der betroffenen Personen in Kliniken auch über drei Tage hinaus gegen Kostenübernahme durch die Kommunen sicherzustellen. Ministerin Spiegel werde dazu unverzüglich Gespräche mit den Kommunalen Spitzenverbänden aufnehmen. In Hochrisikofällen könnte die Überwachung durch die Polizei oder Polizeikräfte wahrgenommen werden. Ministerin Spiegel wies darauf hin, dass Rheinland-Pfalz als ein Ergebnis des ersten Spitzentreffens Sicherheit die Strukturen zur Prävention und Intervention bei Gefahr politisch oder religiös motivierter Radikalisierung weiterentwickelt und optimiert hat, was auch bundesweit Beachtung finde. So wurde nicht nur die Landeskoordinierungsstelle „Kompetenznetzwerk Demokratie leben!“ beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung (LSJV) ausgebaut, sondern auch die Beratungsstelle Salam. Diese ist eine zentrale Einrichtung im Land zur Prävention islamistischer Radikalisierung. „Unsere Beratungsstelle Salam arbeitet seit Mai dieses Jahres in Trägerschaft des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung und konnte damit vor allem die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden deutlich vereinfachen. Diese Vorteile werden bundesweit durchaus wahrgenommen und beachtet“, erklärt Ministerin Spiegel. Salam ist bundesweit die einzige Beratungsstelle dieser Art in staatlicher Trägerschaft.
Auch nimmt das Land beim Umgang mit strafunmündigen Kindern mit Sicherheitsrisiko bundesweit eine Vorreiterrolle ein. „Die Landesregierung entwickelt derzeit ein Konzept, damit ein bis zwei Clearingplätze für Kinder mit Sicherheitsrisiko aus Rheinland-Pfalz im Land vorgehalten werden. Dies ist bundesweit einmalig“, führt Ministerin Spiegel aus. „Wir stellen uns dem konkreten und dringenden Handlungsbedarf und sind hierzu in regelmäßigen Gespräche mit Trägern und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Beteiligt sind selbstverständlich auch die zuständigen Fachressorts wie das Gesundheits- und das Innenministerium sowie die Sicherheitsorgane.“
Bezüglich des Umgangs mit straffällig gewordenen Asylsuchenden hat die Landesregierung vereinbart, den Kommunen ein weiteres Instrument zur Verfügung zu stellen, um in schwierigen Einzelfällen gemeinsame Lösungen für die Gewährleistung der Sicherheit zu vereinbaren. Solche Fälle sollen zukünftig in gemeinsamen Fallkonferenzen der Kommunen, der Polizei und der zuständigen Ministerien bearbeitet werden. Unbenommen davon hat die Landesregierung die Ausländerbehörden angewiesen, den Aufenthalt von ausreisepflichtigen Straftäterinnen und Straftätern mit besonderer Priorität zu beenden. Zu diesem Zwecke informiere die Polizei die jeweils zuständige Ausländerbehörde über alle eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Personen, die unter das Aufenthaltsgesetz fallen. So sei sichergestellt, dass die Ausländerbehörden frühzeitig über die relevanten Informationen verfügen, um zeitnah und zielgerichtet handeln zu können. Weiterhin gebe es besondere Absprachen mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Beschleunigung der Asylverfahren. Darüber hinaus unterstützt die Landesregierung die kommunalen Ausländerbehörden durch die Zentralstelle für Rückführungsfragen. Im Rahmen von Fallkonferenzen, in denen die betroffenen Ministerien gemeinsam mit den Sicherheitsbehörden zusammenarbeiten, unterstützt das Land die Kommunen in komplexen oder schwierigen Einzelfällen. Neben den ausländerrechtlichen Instrumenten haben die Sicherheitsbehörden spezifische Programme entwickelt, um Rückfallrisiken und weiterer Straffälligkeit zu begegnen. Dazu gehört zum Beispiel das VISIER-Programm. Die Anwendung dieses und anderer Programme erfolgt ebenso bei deutschen Straftätern.
Ministerpräsidentin Malu Dreyer bilanzierte die enormen Anstrengungen der Landesregierung für die Sicherheit der Menschen in Rheinland-Pfalz als konsequent und mit Augenmaß. „Wir setzen auf Sicherheitsmaßnahmen, setzen auf Prävention und schützen die Bürgerrechte, damit wir sicher zusammen leben können.“