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Am Ausbildungsmarkt hat sich das Blatt vollends gewendet: Früher mussten junge Leute zig Bewerbungen schreiben, bevor sie eine Lehrstelle ergattern konnten. Inzwischen sind die Arbeitgeber auf der Suche – zuweilen vergeblich: Mancher Betrieb findet keinen Azubi. Die Ausbildungsbilanz 2017/18 der Agentur für Arbeit Montabaur spiegelt diese Situation deutlich.

Das Ausbildungsjahr hat seine eigene Taktung und dauert jeweils vom 1. Oktober bis zum 30. September. In diesen zwölf Monaten meldeten sich 2017/18 im Agenturbezirk (Westerwald- und Rhein-Lahn-Kreis) 2.321 junge Menschen mit dem Wunsch, eine Ausbildung zu absolvieren; das sind 174 Personen (glatte 7 Prozent) weniger als im Jahr zuvor. Zeitgleich meldeten die Betriebe 2.230 Ausbildungsplätze; hier ist ein Plus von 231 (knapp 17 Prozent) zu verzeichnen. Am Stichtag 30. September wurden 49 unversorgte Bewerber und 216 unbesetzte Lehrstellen gezählt.

„Erstmals halten sich in der Summe Ausbildungsstellen und Bewerber fast die Waage“, beobachtet Elmar Wagner, Chef der Arbeitsagentur Montabaur. „Zuvor waren trotz des demografischen Wandels die jungen Menschen in der deutlichen Überzahl. Das Fazit freilich fällt schon seit Jahren zu ihren Gunsten aus. Dieses Mal kann jede/r Unversorgte statistisch gesehen unter mehr als vier Angeboten wählen.“

1.241 Bewerber, also mehr als die Hälfte, sind inzwischen in einer Ausbildung. 362 Jugendliche (15,6 Prozent) haben sich für einen weiteren (Berufs)Schulbesuch, ein Praktikum oder ein Studium entschieden. 90 Personen (das sind 3,9 Prozent) werden gezielt gefördert, etwa über eine Berufsvorbereitung oder Einstiegsqualifzierung. Andere engagieren sich gemeinnützig, z.B. im Bundesfreiwilligendienst, wieder andere gingen als Ungelernte direkt in Arbeit.

Theoretisch haben die jetzt noch Unversorgten die Wahl unter mehreren freien Lehrstellen; in der Praxis geht diese Rechnung nicht auf. Trotz bester Chancen bekommen nicht alle Jugendlichen einen Ausbildungsvertrag. So mancher Start ins Erwerbsleben verzögert sich oder misslingt im schlimmsten Fall, weil Jungen und Mädchen bei der Berufswahl wenig Fantasie an den Tag legen. Obwohl es in Deutschland mehr als 300 Ausbildungsberufe gibt, sind die Top Ten in der Wunschliste – getrennt nach Geschlechtern – seit vielen Jahren unverändert: Jungs möchten vorzugsweise Kfz-Mechatroniker, Elektroniker, Industriemechaniker oder Fachinformatiker werden, Mädchen am liebsten (zahn)medizinische Fachangestellte oder Friseurin. Allen gemeinsam ist der Hang zu den kaufmännischen Berufen – angefangen bei Verkäufern/Verkäuferinnen über Einzelhandels- und Industriekaufleute bis hin zu Kaufleuten für Büromanagement.

Hier ist die Nachfrage zum Teil größer als das Angebot, und trotzdem bleiben auch hier Ausbildungsstellen unbesetzt. Das mag an unterschiedlichen Erwartungen oder mangelnder Eignung liegen, aber auch an Problemen, die sich nicht lösen lassen: Ein Bewerber aus dem Oberwesterwald, der noch keinen Führerschein besitzt, kommt vielleicht nicht mit Bahn und Bus zum gewünschten Unternehmen im Nachbarkreis, das ihn gerne einstellen würde…

In vielen Bereichen gibt es schlicht einen Mangel an Interessenten. Die Gastronomie findet zu wenige Köche und Restaurantfachkräfte, im Handwerk fehlen Tischler, Zimmerer, Maler und Lackierer. Kaum jemand möchte als Berufskraftfahrer auf Tour gehen, viel zu wenige wollen in einer Bäckerei und Fleischerei hinter der Verkaufstheke stehen.

Was lässt sich tun, um Bewerber und Betriebe bestmöglich zu versorgen? „Schulabgänger sollten sich nicht auf den vermeintlichen Traumjob fixieren, der vielleicht gar nicht zu ihnen passt“, sagt Elmar Wagner. „In ein erfolgreiches und erfülltes Erwerbsleben führen viele Wege. Unsere Berufsberater zeigen Perspektiven auf und geben Starthilfe – gerne auch im gemeinsamen Gespräch mit Jugendlichen und ihren Eltern.“ Auf der anderen Seite könnten Arbeitgeber Nachwuchskräfte finden, wenn sie schwächeren Kandidaten eine Chance geben: „Zeugnisnoten haben nur eine bedingte Aussagekraft. Mancher, er sich in der Schule schwertut, bewährt sich in der Praxis. Arbeitsagentur und Jobcenter können auf vielfältige Weise unterstützen – mit Berufseinstiegsbegleitung, ausbildungsbegleitenden Hilfen, assistierter Ausbildung und Einstiegsqualifizierung.“